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Meine innere Kritikerin begleitet mich zum Erfolg

  • Autorenbild: Eldina Sonnenholzner
    Eldina Sonnenholzner
  • 28. Feb.
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 7. März


Es ist früh am Morgen, und ich sitze auf dem Balkon eines luxuriösen, neu eröffneten Hotels in Dubai mit Blick auf das weite, glitzernde Meer. Der Marmorboden unter meinen Füßen glänzt in der Morgensonne, und der Samtbezug der Stühle fühlt sich kühl und elegant an. Die Brise trägt den Duft von Räucherwerk, das hier scheinbar ständig brennt. Das Zimmer, in dem ich sitze, kostet mehr pro Nacht als ein ganzer Kurzurlaub, den ich sonst buche– das teuerste Hotel, in dem ich jemals war. Das ist aber kein Problem, denn es ist eine Geschäftsreise und wird von der Firma bezahlt.  Ich habe noch zwei Stunden bis zu meiner Sitzung in meinem neuen Job. Eigentlich könnte ich mich richtig freuen: Ich habe hart gearbeitet und die lang ersehnte Beförderung erhalten. Ich sollte stolz auf mich sein.

Doch stattdessen überkommt mich ein unangenehmes Gefühl, das mir kalt den Rücken herunterläuft, je mehr sich der Erfolg manifestiert. In diesem Moment kann ich förmlich die Hand auf meiner Schulter spüren, die mich mit einer freundlichen, aber bestimmten Stimme fragt: „Entschuldige bitte, was machst DU hier? Du bist hier nicht erwünscht. "Du bist hier nicht eingeladen, es muss sich um einen Fehler handeln.“

Dieser „Imposter-Moment“ liegt nun fast 20 Jahre zurück. Doch er war einer der prägendsten meines Lebens – und leider nicht der letzte. Denn über die Jahre hat sich meine innere Kritikerin immer wieder in ähnlicher Form gezeigt. Je erfolgreicher ich wurde, desto stärker wurde sie. Sie wurde zu einer treuen Begleiterin, einer konstanten Präsenz in einer Zeit, in der alles neu war – außer sie.


Der Versuch, die Kritikerin loszuwerden


Ich habe alles versucht, um meine Kritikerin loszuwerden. Etliche Kurse, Coaching-Sitzungen und stundenlange Selbstreflexionen später, habe ich oft Strategien entwickelt um sie loszuwerden, sie zu unterdrücken oder um mich von ihr abzulenken – wie zum Beispiel, indem ich andere Menschen schlechter gemacht habe, um mich selbst besser zu fühlen. Nicht besonders edel und auch nicht wirklich zielführend.

Doch was ist wirklich hilfreich?


Erkennen statt verdrängen

Damals hatte ich keine Worte und kein Konzept dafür. Stattdessen habe ich mich immer wieder in der Situation selbst verloren. Wenn ich etwa einen Fehler gemacht habe oder in einer komplexen Umgebung Sachverhalte nicht sofort durchdringen konnte, habe ich die Worte – „Entschuldigung, ich habe es nach dem dritten Mal immer noch nicht verstanden, kannst du es mir bitte noch einmal erklären?“ – nie ausgesprochen. Dahinter stand die Angst, mich nicht kompetent genug zu entlarven.

Heute weiß ich, dass es in solchen Momenten wichtig ist, die Perspektive zu wechseln – den Mechanismus zu erkennen, in dem ich festhänge, und mich nicht von diesem inneren „Fehlerdetektor“ steuern zu lassen. Ich habe gelernt, dass es darum geht, diese internen Prozesse zu verstehen und nicht gegen sie zu arbeiten, sondern die Rolle, die sie spielen, zu erkennen. Es geht darum, sich selbst zugewandt zu bleiben und zu verstehen, dass diese Reaktionen keine Schwäche darstellen, sondern ein Produkt meiner bisherigen Erfahrungen und meiner Strategie, mit schwierigen Situationen umzugehen. Sie sind aus einem guten Grund entstanden, auch wenn sie heute destruktiv wirken. 





Selbstkritik verstehen

Forschung zu Selbstkritik und Perfektionismus zeigt, dass Menschen, die hohe Anforderungen an sich selbst stellen – besonders in leistungsorientierten und anspruchsvollen Umfeldern wie in der IT oder in großen Unternehmen – oft von einem inneren Kritiker begleitet werden. Besonders in Kulturen, die Leistung und Zielverwirklichung hoch priorisieren, kann diese innere Stimme, die Fehler und Versagen vorwegnimmt, besonders laut werden. Studien von Paul Hewitt und Gordon Flett zeigen, dass eine starke innere Kritikerin häufig mit einer verminderten Lebenszufriedenheit und einer erhöhten Anfälligkeit für psychische Störungen wie Angst und Depressionen einhergeht.


In Kontakt mit den eigenen Prozessen gehen

Häufig haben wir ein viel besseres Verständnis für technische Vorgänge als für menschliche. Wenn ich zum Beispiel meine AirPods mit deinem Smartphone verbinden möchte, weiß ich, dass der erste Schritt das Koppeln ist.

Genauso funktioniert es, wenn man mit den eigenen inneren Prozessen arbeitet: Zunächst gilt es, den Mechanismus zu erkennen, der gerade aktiviert wird. Sobald die inneren „Fehlerquellen“ identifiziert und analysiert sind, lassen sich die Verbindungen zu den Ressourcen aufbauen, die dabei helfen, produktiv zu bleiben und Lösungen zu finden.

Indem man die eigenen inneren Mechanismen anerkennt und konstruktiv damit umgeht, wird es möglich, Blockaden zu lösen, die einen daran hindern, das volle Potenzial zu entfalten und authentisch zu agieren. Der innere Kritiker verliert seine Macht, wenn man ihn nicht mehr als Feind betrachtet, sondern als einen Teil der eigenen Erfahrungen. Anstatt gegen diesen Teil zu arbeiten, kann er als wertvolle Informationsquelle genutzt werden, um die eigenen Reaktionen und Ziele besser zu verstehen und gezielter zu handeln.


Der innere Kritiker als Schutzmechanismus

Es dauerte Jahre, bis ich begriff, dass dieser innere Kritiker zu mir gehört und dass ich ihn nicht einfach verdrängen oder unterdrücken kann. Hinter jeder Kritikerin steckt eine Erfahrung, die uns geschützt hat – eine Art Firewall, die uns vor möglichen Fehlern oder Verletzungen bewahren wollte. Doch anstatt uns zu schützen, hindert sie uns manchmal daran, authentisch zu agieren und uns voll und ganz einzubringen. 


Hinter jeder Kritikerin steht eine Verletzung. Es ist wie eine dünne Stelle, die (noch) nicht verheilt ist und die den Schorf als Schützer vor der Außenwelt braucht, weil diese Stelle sich selbst noch nicht ausreichend schützen kann. 

Die Wurzel der Selbstkritik: Ein Gefühl des „Nicht-Dazugehörens“

Zurück in Dubai, erlebte ich den Moment auf eine Weise, die mich in meine Vergangenheit zurückwarf – zurück in meine Kindheit. Als Tochter von Gastarbeitern aus dem ehemaligen Jugoslawien war mein Deutsch alles andere als perfekt, und ich fand mich in einem Umfeld wieder, in dem fast alle anderen Muttersprachler waren. Ich gehörte nicht dazu – zumindest fühlte es sich so an. Ich war „nur“ zu Gast. Irgendwann würden meine Eltern wieder nach Hause zurückkehren, und ich würde diesem fremden Land den Rücken kehren. Doch es kam anders. Deutschland wurde meine Heimat, aber dieses Gefühl, nicht wirklich dazuzugehören, blieb.

Dieses Gefühl des „Nicht-Gehörens“ prägte mich in meiner gesamten Entwicklung. Und die Selbstkritik wurde zu einer Schutzreaktion – ein Versuch, mich vor weiteren Verletzungen zu bewahren.


Den inneren Kritiker nutzen, nicht bekämpfen

Es ist eine der tiefsten menschlichen Sehnsüchte, irgendwo dazuzugehören, sich verbunden zu fühlen. Doch wenn dieses Bedürfnis unerfüllt bleibt, entsteht eine Art Schutzmechanismus, der durch Selbstkritik „gefiltert“ wird. Der innere Kritiker wird zur Stimme, die uns vor vermeintlichen Fehlern bewahren will. Doch anstatt uns zu schützen, hindert er uns daran, in unserer vollen Kapazität zu arbeiten und zu agieren. Um aus diesem Kreislauf auszubrechen, ist es wichtig, die innere Kritik nicht als Feind zu sehen, sondern als einen Teil der eigenen Geschichte zu akzeptieren und zu würdigen. 

Der Weg zur Lösung führt über das Erkennen dieser Mechanismen und die bewusste Entscheidung, mit ihnen zu arbeiten, anstatt gegen sie. Deine innere Kritikerin verliert ihren Antrieb, wenn du verstehst, dass sie Teil deiner Lösung ist und nicht Teil deines Problems.

Der wahre Erfolg kommt nicht durch die Abwesenheit von Selbstzweifeln, sondern durch die Fähigkeit, mit diesen Zweifeln produktiv umzugehen. Dein innerer Kritiker wird nicht verschwinden, aber er kann zu einem konstruktiven Teil werden. So kann es sein, dass aus der destruktiven Kritikerin eine konstruktive Quality Managerin wird, wenn du ihn als einen Teil deiner persönlichen Weiterentwicklung und Problemlösungsstrategie verstehst. Wenn du diesen Weg gehst, wirst du nicht nur deine persönliche Leistung steigern, sondern auch authentischer und effektiver in deiner Arbeit und deinem Leben agieren.

In Teams, Unternehmen und letztendlich in der Gesellschaft ist es entscheidend, dass jeder seinen Beitrag leistet und sich aktiv einbringt. Die Fähigkeit, authentisch zu handeln und sich nicht durch innere Blockaden zurückzuhalten, fördert nicht nur deinen persönlichen Erfolg, sondern trägt auch maßgeblich zum Wachstum und Weiterentwicklung der gesamten Organisation bei.



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